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Friedenswort, das wegweisend ist

Ferdinand Kerstiens, pax christi Münster, wendete sich in einem Brief an die Arbeitsgruppe, die das neue Friedenswort der Bischöfe vorbereitet. er formuliert in vier Komplexen seine Anforderungen an ein neues Bischofswort:

Der Komplex von Militär und Rüstung
Da geht es um die bekannten Probleme, die aber konkret angesprochen werden müssen: Keine Erhöhung des Verteidigungshaushaltes auf 2%. Warum auch? Diktat von Trump? – Klares Nein zur atomaren Beteiligung Deutschlands, gegen die Atombomben in Büchel. Schon der Besitz von Atombomben ist ethisch nicht zu rechtfertigen (Papst Franziskus). Mit Massenmord darf man nicht drohen. Bischof Wilmer hat vorgeschlagen, Deutschland solle nicht die atomare Beteiligung kündigen, sondern sich in der NATO um eine Reduzierung der atomaren Drohung bemühen. Aber so wird nur die Politik der Bundesregierung unterstützt, die solche Fragen auf die lange Bank schiebt, damit nichts passiert: nicht an die NATO rühren. Dies darf ein Friedenswort der Kirche nicht unterstützen. Deswegen ist die Forderung nötig nach einem Beitritt Deutschlands zum Atomwaffenverbot der UNO.– Keine bewaffneten Drohnen. Sie sind Waffen, die willkürlich Gegner und Zivilisten irgendwo töten, ohne Gericht ermorden, wie die USA es vormacht. Dazu gehört auch eine Infragestellung von Ramstein, wo die USA solche Drohnen logistisch leitet. – Keine Waffenexporte, vor allem nicht in Länder, die in Kriegen engagiert sind oder die eigene Bevölkerung unterdrücken. Beispiele dafür sind zahlreich. Auch keine Kleinwaffen, die vielerorts auch von Kindersoldaten benutzt werden. – Rückzug der Truppen aus Afghanistan und Irak. Viele Konflikte sind militärisch nicht zu lösen, sondern nur mit zivilen Mitteln, Diplomatie und hilfreicher Wirtschaftspolitik, die Lebensmöglichkeiten für die Menschen vor Ort schafft. Die Analyse von pax christi international hat gezeigt, dass militärische Lösungsversuche oft zu weiterer Gewalt führten, zivile Konfliktlösungen aber erfolgreicher sind. -  Keine militärische Hilfe für Grenzsicherungen autoritärer Staaten, die selber Menschenrechtsverletzungen begehen. - Stärkere politische, finanzielle und organisatorische Unterstützung der unterschiedlichen Zivilen Friedensdienste.  

Wirtschaftspolitik als Friedenspolitik
Keinesfalls kann es ein Friedenswort geben, das nicht Fragen der Wirtschaftspolitik behandelt. Denn diese „Wirtschaft tötet“ (Papst Franziskus). Wir leben weltweit, aber auch hier in Deutschland, in „Strukturen, die die Reichen immer reicher machen auf Kosten der Armen, die immer ärmer werden“ (Lateinamerikanische Bischofsversammlung in Puebla 1975, Nr. 30). Armut und Elend schneiden Lebensrechte ab, missachten die Menschenwürde und steigern Ohnmacht, schaffen Wut und Verzweiflung und zwingen zu weltweiten Fluchtbewegungen. Die Armen sind oft die ersten Opfer von Unwetterkatastrophen, Krankheiten (Aids, Corona) und Hunger. Deswegen muss sich ein Friedenswort auch dem Unfrieden stellen, der Folge der wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten ist. 

Ich erinnere an die internationale Bischofserklärung zum Lieferkettengesetz, die gerade von Misereor veröffentlicht wurde. „Gerechte Preise“ verlangen menschengerechten Lohn und Lebensbedingungen für alle Glieder dieser Kette. - Freihandelsverträge verurteilen die armen Länder zu Rohstofflieferanten, damit sie unsere Industriewaren kaufen. Ich erinnere an die Stellungnahme von Misereor gegen Mercosur, dem Freihandelsabkommen mit mehreren Staaten Lateinamerikas: die sollen Mineralien, Fleisch und Soja liefern. Damit wird unsere Massentierhaltung gefördert, deren Abfall unsere Böden verseucht. Die hier nicht so gewünschten Fleischteile werden nach Afrika exportiert. Sie zerstören da die Kleinbauernwirtschaft wie auch in den Lateinamerikanischen Ländern. – Stellungnahme gegen den Export von hoch subventionierten Landwirtschaftserzeugnissen und Altkleidern zu Dumpingpriesen nach Afrika.- Deutschland ist Exportweltmeister. Aber es geht um ein Gleichgewicht zwischen Export und Import, sonst führt diese Wirtschaft nur zur immer höheren Verschuldung der armen Länder. – Deswegen ist Schuldenerlass nötig. Die Investitionen in diesen Ländern sind höchstens Rückzahlung all dessen, was ihnen in Jahrhunderten des Kolonialismus geraubt wurde. -  Nicht die Entwicklungspolitik als Außenhandelsförderung benützen, sondern fragen, was diese Länder, was diese Menschen brauchen. Misereor und Brot für die Welt machen dies vor. Kein Dirigat, keine Bevormundung durch die Reichen. Die Menschen dort in ihren Eigeninitiativen fördern. – Transparenz beim Lobbyismus, Kampf gegen die Korruption. 

Alles, was Ungerechtigkeit und Armut abbaut, ist konkrete Friedensförderung. Das muss in einem neuen Friedenswort deutlich und konkret zur Sprache kommen, mehr als in den bisherigen Friedensimpulsen.

Ökologie
Der Einsatz gegen die Klima-Erwärmung ist auch friedenspolitisch geboten. Sonst wird vielen Menschen, vor allem den Armgemachten, die Lebensgrundlage entzogen. Auch die Unwetter, Überschwemmungen und Taifune treffen vor allem sie, die keine festen Häuser haben und oft nahe am Meeresspiegel wohnen und vom Meer und seinen Fischen leben. Die Verursacher der drohenden Katastrophe sind die Reichen und Mächtigen. Die Armen sind die Opfer. Ökologie ist auch ein Schutz für die Indigenen, die im Einklang mit der Natur leben. Die Abholzung des Amazonaswaldes wie die Vertreibung der Indigenen und das weltweite Roden von Wäldern für Palmölplantagen schaden der ganzen Menschheit. Der Schutz der Vielfalt der Schöpfung ist Friedenspolitik für einen bewohnbaren Planeten Erde.

Kirche
Eine hierarchisch von oben nach unten strukturierte Kirche ist selber nicht friedensfähig, sondern neigt zur Unterdrückung, wie die Geschichte zeigt. Ich hoffe, dass da der „Synodale Weg“ in allen Bereichen Fortschritte macht und die Kirche friedensfähiger wird. Es geht um das Hinhören auf die Not der Menschen, auf die Evangelisierung durch die Armen, die Armgemachten und deren Erfahrungen mit der Bibel, um befreiungstheologische Perspektiven, um partizipative Gottesdienste, eine Sprache, die sich nicht in frommen Formeln versteckt. Die Amazonassynode mit ihrer Vorgeschichte hat das deutlich gemacht. Allerdings hat Papst Franziskus die „mutigen Vorschläge“, die er gefordert hatte, nicht übernommen. Das synodale Element macht die Kirche menschennah und friedenswirksam. Das „auserwählte Volk, die königliche Priesterschaft“ (1 Petr 2,9) muss neue Strukturen und Ausdrucksformen finden, auch die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in allen Funktionen und Ämtern. Das Friedenswort muss sich also an die Kirche selber wenden, damit sie glaubwürdig und wirksam für den Frieden tätig werden kann.

Ich weiß, all diese Anliegen und Forderungen sind nur bruchstückhaft skizziert und könnten weiter fortgesetzt werden. Aber ich denke, dass die Richtung deutlich wird, die Konkretionen, die Erdung, die Menschennähe, die nötig sind.  Schreiben Sie bitte ein Friedenswort, das wegweisend ist und nicht schon alle möglichen Kompromisse mit anbietet.